Captain Gabriel Lorca wird von den Klingonen gekidnappt. Während seiner Gefangenschaft macht er Bekanntschaft mit Harcourt Fenton Mudd und dem Sternenflottenoffizier Ash Tyler. Saru, der die U.S.S. Discovery befehligt, drängt derweil auf eine schnelle Rettungsaktion mit Hilfe des Sporenantriebes. Denn ein Sprung hinter die feindlichen Linie könnte Lorca das Leben retten. Doch Burnham befürchtet, dass der Tardigrade den Einsatz nicht überleben wird und versucht, Saru von einem alternativen Weg für die Steuerung des Sporenantriebes zu überzeugen.
Hintergründe und Wissenswertes:
- Harcourt Fenton Mudd wurde in der Originalserie von Roger C. Carmel verkörpert und tauchte in den Folgen „Die Frauen des Mud“ (Mudd’s Women) und in „Der dressierte Herrscher“ (I, Mudd) auf.
- Saru bittet den Bordcomputer der Discovery hoch dekorierte Captains der Sternenflotte aufzulisten. Neben Jonathan Archer, Christopher Pike, Philipa Georgiou und Matthew Decker wird auch Robert April gelistet. Ursprünglich vergab Gene Roddenberry diesen Namen für den Captain der Enterprise, entschied sich aber später für Christopher Pike. In Star Trek: The Animated Series taucht Robert April als erster Kommandant der U.S.S. Enterprise in einer Folge auf („Flucht aus einem anderen Universum“). Doch wurde dies bislang nicht als Canon anerkannt, was sich mit dieser Folge nun ändert.
- Shazad Latif taucht erstmals als Stammschauspieler in Star Trek: Discovery auf.
Quelle: Memory-Alpha.org
Schauspieler: Sonequa Martin-Green (Michael Burnham), Jason Isaacs (Gabriel Lorca), Doug Jones (Saru), Anthony Rapp (Paul Stamets), Mary Wisemann (Sylvia Tilly), Shazad Latif (Ash Tyler), Emily Coutts (Kyla Detmer), Hugh Culber (Wilson Cruz), Mary Chieffo (L’Rell), Jayne Brook (Katrina Cornwell), Rainn Wilson (Harcourt Fenton Mudd)
Geschichte: Gretchen J. Berg, Aaron Harberts und Kemp Powers
Drehbuch: Kemp Powers
Regie: Lee Rose
Erstausstrahlung: 15. Oktober 2017
Episoden Review:
Der Titel „Wähle deinen Schmerz“ kann in dieser Episode auf ziemlich jeden Charakter angewendet werden. Michael Burnham muss erkennen, dass dem Tardigraden Schmerzen hinzugefügt werden, wenn er als Navigator für den Sporen-Antrieb eingesetzt wird. Ein Umstand, der auf Burnhams Forschungsarbeit am „Ripper“ zurückzuführen ist (siehe Episode 4 „Sprung“). Das Ergebnis ihrer Arbeit belastet sie nun auch auf schmerzliche Weise. Chefingenieur Paul Stamets entschiedet sich trotz der großen Gefahr für Leib und Wohl in letzter Konsequenz die Rolle des Tardigraden einzunehmen.
Die Klingonen nutzen die titelgebende Phrase, um den Gefangenen die Wahl zu lassen, welcher ihrer Gefängnisinsassen als nächstes in den „Genuss“ der grausamen Folterpraktiken kommen sollen. Ein perfides Ritual, das verhindern soll, dass die Häftlinge sich untereinander anfreunden. In dieser Situation findet sich Gabriel Lorca wieder, nachdem er nach einer Einsatzbesprechung von L’Rell gekidnappt wurde.
Harcourt Fenton Mudd, kurz Harry
In der Zelle trifft Gabriel Lorca auf zwei weitere Insassen: Harcourt Fenton Mudd (Rainn Wilson) und Sternenflottenoffizier Ash Tyler (Shazad Latif).Mit Mudd führen die Autoren nach Sarek eine weitere Figur aus dem klassischen Star Trek Universum ein. Der Gauner, der Kirk und Spock in der Originalserie zweimal auf Trab hält, wurde von dem unverwechselbaren Roger C. Carmel verkörpert, der es verstand, seiner Figur von den anständigen und stets perfekten Sternenflottenoffizieren abzugrenzen. Rainn Wilson tritt nun in seine Fußstapfen und soll als kleiner Mann der mächtigen Föderation auf zweifelhafte Art und Weise die Leviten lesen. Das gelingt ihm erstaunlicherweise sehr gut.
Vom ersten Moment an greift er Carmels unverwechselbare Gestik auf und artikuliert auf gleicher Weise. Der Zuschauer ahnt dank Wilsons Schauspiel, dass hinter Mudds aufgesetzter Maskerade einiges vorgeht. Und so findet Lorca heraus, dass der Gauner gemeinsame Sache mit den Klingonen macht, um seine Zellengenossen auszuhorchen. Dabei agiert er wie gewohnt falsch und arg hinterlistig, nur um seine eigene Haut zu retten.
Dank Mudd wird Gabriel Lorcas Persönlichkeit durch eine interessante Hintergrundgeschichte erweitert. Wir erfahren, dass Lorca als Kommandant der U.S.S. Buran seine ganze Crew opferte, um sie nicht in klingonische Gefangenschaft geraten zu lassen. Er selbst war der einzige Überlebende der Buran. Erklärt das Lorcas knallharter Führungsstil als Captain der Discovery? Will er um jeden Preis seine Crew schützen und den Krieg auf die ein oder andere Weise beenden? Oder spielen gar Rachemotive eine Rolle? Eines steht in jedem Fall fest: Jason Isaacs Figur ist vielschichtiger als zu Beginn vermutet.
Zurück zu Rainn Wilson. Interessant ist, dass die Autoren seine Figur um neue Facetten bereichern. Harcourt Fenton Mudd verteidigt sein Tun mit der Begründung, dass die Föderation die „unschuldigen Kleinen“ mit ihrem interstellaren Konflikt mit in den Abgrund zieht. Diese Form der Systemkritik – „von den Kleinen hier unten gibt es mehr als von euch da oben“ – fehlte bislang im Star Trek Universum und ist eine willkommene neue Komponente, die viel Potential für kommende Geschichten birgt. Ich freue mich schon jetzt auf die Rückkehr von Rainn Wilson alias Harcourt Fenton Mudd, kurz Harry.
– Achtung: Massiver Spoiler –
Wer sich die Episode noch nicht angeschaut hat oder sich von dem weiteren Handlungsverlauf der ersten Staffel überraschen lassen möchte, der sollte den nachfolgenden Absatz überspringen.
Ash Tyler ist ein Sternenflottenoffizier, der den Kampf beim Doppelstern gegen die Klingonen überlebt hat. Sieben Monate später trifft er in einer Zelle auf dem Gefängnisschiff der Klingonen auf Gabriel Lorca, dem Captain der U.S.S. Discovery. Lorca zeigt sich überrascht, dass Tyler sieben Monate im Gewahrsam der Klingonen überleben konnte. Der junge Tyler erklärt ihm, dass er diesen glücklichen Umstand der Kommadantin des Schiffs zu verdanken hat. Denn diese hätte etwas für ihn übrig und so ist er zu einem leibeigenen Sklaven für L’Rell geworden. An dieser Stelle wird der aufmerksame Zuschauer stutzig. Denn wie wir wissen, befand sich L’Rell nach der Schlacht gegen die Föderation für sechs Monate auf dem Schiff von T’Kuvma. Auch können wir ausschließen, dass sie ihn in all den Monaten auf dem Sarkophag-Schiff gefangen hielt. Entweder lügt Tyler oder er glaubt wirklich daran. Wenn dem so ist, dann ist Ash Tyler nicht der, für den er sich ausgibt. Die Vermutung liegt nah, dass sich hinter dem Menschen der Klingone Voq versteckt. Wir erinnern uns: In der vorherigen Episode bietet L’Rell ihm an, bei der Verwirklichung seiner Ziele zu helfen. Der Preis dafür ist, dass er alles aufgeben muss. Beinhaltet ein derart großes Opfer vielleicht auch die Aufgabe der eigenen Identität? Die Theorie wird durch die Tatsache unterstützt, dass L’Rell zu einem Teil aus dem Haus Mokai stammt. Spionage ist in dem Familienstammbau fest verankert. Bereits Arne Darvin hatte sich chirurgisch verändern lassen, um als Mensch getarnt für Aufruhr innerhalb der Föderation zu sorgen (Star Trek: The Original Series – „Kennen Sie Tribbles?“). Überprüft man den bei IMDB hinterlegten Schauspieler Javid Iqbal, der Voq verkörpert, so findet man keinerlei weitere Referenzen aus Film und TV. Hinzu kommt, dass der Schauspieler Shazad Latif von Beginn an in den Opening Credits genannt wird. Zwar war Ash Tyler hier noch zu sehen, die Figur des Voq allerdings schon. Legen die Macher von Star Trek: Discovery eine falsche Fährte?
Freiheit für den Tardigraden
Trotz des Protests von Stamets, Burnham und Dr. Culber entscheidet sich Saru den Tardigraden einzusetzen. Wohlwissend, dass er damit sein Leben auf das Spiel setzt. Am Ende wird der erste Offizier von Reue gepackt, als er erkenen muss, dass das außerirdische Bärtierchen auf Grund seiner Entscheidung verletzt wurde. Und so überwindet er seine Antipathie für Burnham und bittet sie alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um die Kreatur zu retten. Auch wenn das bedeutet, den Tardigraden freizugeben. In einer rührenden Sequenz überlassen Burnham und Kadett Tilly dann das Wesen den Weiten des Alls, wo es zu neuer Stärke gelangt und in die Unendlichkeit verschwindet. Dass die Autoren diesen Handlungsstrang beenden, kommt überraschend aber keineswegs negativ herüber. Wir dürfen gespannt sein, wie Gabriel Lorca auf die Freilassung des Tardigraden reagieren wird.
Paul Stamets injieziert sich die DNS des Tardigraden, um als Navigator für den Sporen-Antrieb einzuspringen. Denn nur mit dessen Hilfe kann die Discovery sicher aus dem klingonischen Raum gebracht werden. Er geht dieses hohe Risiko ein, um nicht nur seine technische Errungenschaft zu schützen, sondern auch die Crew und seinen Freund Dr. Hugh Culber zu schützen. Wir lernen in der Episode, dass beide ein Paar sind. Bei der gemeinschaftlichen Zahnpflege wird völlig gelassen auf die homosexuellen Beziehung der beiden eingegangen – ein Schritt der in Gene Roddenberrys optimistischen Universum längst überfällig ist.
Die angesprochene Szene mit Culber und Stamets, die auch die letzte in der Episode ist, endet mit einem Paukenschlag. Denn der wieder genesene Stamets wirft einen letzten Blick in den Spiegel, als er das Bad verlässt. Sein Spiegelbild macht es ihm gleich, allerdings vier Sekunden später. Hat Paul Stamets mit seinem Experiment unwissentlich eine Tür in ein anderes Universum geöffnet? Klar, dass mir als Trekkie gleich ein „Spiegeluniversum“ in den Sinn kommt. Wollen wir wetten?
Fotos: CBS Studios
Zusammen mit der jüngsten Episode 6 zeigt sich, daß Discovery viel mehr Geheimnisse zu bieten hat, als alle bisherigen Star Trek Serien. Ein sehr cleveres Storytelling à la House of Cards, das sicher noch einige Überraschungen für uns bereit halten wird. Nichts ist so wie es scheint.
Das Problem ist allerdings, daß kaum eine Episode, wie in früheren Star Trek Serien, für sich alleine stehend noch einmal angesehen werden kann. Ähnliches gilt ja auch für Game of Thrones. Jede einzelne Episode ergibt ohne das, was davor geschah und danach noch passieren wird, wenig Sinn. Ein kompletter Abschied vom bisherigen Star Trek. Allerdings bin ich nach der 5. und 6. Folge zuversichtlicher, daß sich am Ende alles schlüssig in den bisherigen Kanon einfügen wird.
Ich bin allerdings pessimistisch dahingehend, daß die Serie neue Fans gewinnen und alte halten halten kann. Für neue Fans ist Star Trek insgesamt zu komplex und fordert zu viel Vorwissen, manch alter Fan wird wahrscheinlich vergrault, weil die Serie nicht in den bisherigen Kanon zu passen scheint. Mir allerdings gefällt die Serie mit jeder Folge mehr. Hoffentlich kann sie sich zwei, drei Staffeln lang halten und den Handlungsbogen, den die Macher sich vorgestellt haben, zu Ende führen. Das wird sicher nicht selbstverständlich in Anbetracht des hohen Budgets pro Folge.
Einziger Störfaktor sind für mich die Spezial Effects. Die CGI sieht schon sehr PC-Game-artig und etwas trashig aus. Selbst die Discovery wird wenig plastisch.